Gesundheit durch thermische Kondensatprävention - Temperierung

Optimales Gebäudeklima für Kulturgut in Museen und Denkmalpflege

Abstract

Bislang zu wenig erkannt ist, daß vor allem drei Faktoren Museums- und Kulturgüter massiv schädigen und auch für den Menschen ein ungesundes Ambiente erzeugen: Saisonal wiederkehrende Kondensation an der Gebäudehülle, Kapillarkondensation an wandnahen Objekten und Staub mit biologischen Partikeln, insbesondere Schimmelsporen. So weist einerseits Insektenbefall an Holzobjekten auf hohe lokale Feuchte durch Kapillarkondensation hin, während Bohrmehl und Ausscheidungen wiederum ein Nährboden für Schimmel sind, ein problematischer circulus vitiosus. Durch veraltete Heizungs- und Klimatisierungskonzepte - ohne Berücksichtigung der Hüllflächentemperierung - und durch falsche Wärmeverteilung ist die bauphysikalisch unhaltbare Situation gerade im Museumsbereich zu einer beträchtlichen Gesundheitsgefährdung angewachsen, die man wegen der über die Luft verteilten Allergene, vor allem der lungengängigen Schimmelsporen, dringend aufzeigen muß.

It has been too little recognized that, above all, three factors cause massive damage to museums and cultural artifacts and also create an unhealthy atmosphere for people: seasonally reoccurring condensation on the building shell, capillary condensation on objects near walls and dust with biological particles, in particular mildew spores. On one hand insect infestation is a sign of high local humidity by capillary condensation; on the other hand bore dust and excrement provide a breeding ground for mildew, an unsane circulus vitiosus. Through outdated heating and climate control concepts and through false use of heating technology - without tempering on the building shell - in museums this physically unacceptable situation has grown to be a considerable health hazard in particular in the area of museums. Allergens which are distributed by air circulation, above all mildew spores, which can enter the lungs, must be pointed out.

DER BEITRAG HAT VIER SCHWERPUNKTE:

  1. die Darstellung von Schäden infolge erhöhter Materialfeuchte und ihrer Ursache, der Kondensation an der Gebäudehülle, an deren Ausstattungsschichten und am außenwandnahen mobilen Kulturgut
  2. die Darstellung der Staubproblematik anhand alter und neuer Methoden der Wärmeverteilung, der Staubumwälzung durch falsches Heizen, der Gefahr der Sporenverteilung durch Klimaanlagen
  3. die Bekämpfung biogenen Befalls an Kulturgütern mittels Gasen und anderen Methoden, wobei giftfreien Methoden der Vorzug zu geben ist
  4. Vorgaben für natürliche und künstliche Klimatisierung ohne Bumerangeffekt

Sanierung und Prävention durch Temperierung der Gebäudehülle, um auf technisch einfachem Wege ein gesundes, homogenes und stabiles Raumklima im gesamten Gebäude herzustellen, bisherige Schadensabläufe anzuhalten und den Problemkreislauf von Kondensation, Schimmel und Staub auf Dauer zu beseitigen.

Health trough Prevention of Condensation.
Optimal Building Climate for Preserving Cultural Artifacts and Historical Buildings.

It has been too little recognized that, above all, three factors cause massive damage to cultural artifacts and also create an unhealthy atmosphere for people: seasonally reoccurring condensation on the building shell, capillary condensation on objects near walls, and dust with biological particles, in particular mildew spores. On one hand insect infestation is a sign of high local humidity; on the other hand bore dust and excrement provide a breeding ground for mildew. Through outdated heating and climate control concepts and through false use of technology in museums this unacceptable situation has grown to be a considerable health hazard in particular in the area of museums. Allergens which are distributed by air circulation, above all mildew spores, which can enter the lungs, must be pointed out.

THE CONTRIBUTION HAS FOUR MAJOR POINTS:

  1. discussion of the damages due to raised humidity in materials and its cause: condensation on the building shell, on its finished surfaces, and on movable cultural artifacts near outer walls
  2. discussion of the dust problem with old and new heat distribution methods; dust circulation due to incorrect heating, the danger of spore distribution through air conditioning systems
  3. fighting pests on biogene infested cultural artifacts using gases and other methods, for which poison-free methods should be favored
  4. requirements for natural and artificial climate control without the boomerang effect

Restoration and prevention through tempering the building shell in order to create a sane, homogeneous, stable room climate, to stop previous damage processes, and to permanently stop the vicious circle of condensation, mildew, and dust.

Staub, Schimmel und Kondensation schädigen nicht nur Kulturgut, sondern auch die Gesundheit der Menschen. Kondensation an der Gebäudehülle, Kapillarkondensation in außenwandnahen Feinstrukturen und Staubumwälzung im Raum sind Schadensfaktoren, die durch falsche Wärmeverteilung und Klimatisierung entstehen und insbesondere wegen der dabei verstärkt in die Atemluft eingebrachten Schimmelsporen auch zu einer beträchtlichen Gesundheitsbelastung geworden sind. Ziel dieses Beitrags ist, die Kondensat-, Schimmel- und Staubproblematik an Beispielen von Kunst- und Kulturgut darzustellen und praxisbezogene konservatorische Vorgaben und technische Lösungen für Sanierung und Prävention anzubieten, die die Schadensursachen ohne Bumerangeffekt dauerhaft beseitigen.

Der Museumsstaub enthält Allergene

Staub ist nicht gleich Staub, sondern je nach Herkunft und Genese von unterschiedlicher Zusammensetzung. Schmutz und Staub enthalten neben jahreszeitlich bedingten Pollen immer Schimmelpilzsporen und Bakterien, also Allergene1. Schimmelpilzsporen bilden jedoch „den zahlenmäßig bedeutendsten Anteil biologischer Partikel in der Luft. In unseren Breiten stellen sie 96% der Jahressumme biologischer Partikel des Aeroplanktons, während Pollen nur 2% ausmachen”. Schimmelpilze zählen daher „zu den häufigsten Auslösern infektiöser oder allergisch-immunologischer Erkrankungen, weit seltener sind andere Infektionserreger bzw. Allergene Auslöser wie Viren und Bakterien, Pollen und Staubmilben etc.”, eine Tatsache, die kaum bekannt ist2. Menschen, die längere Zeit über Atmung oder Berührung mit Schimmelpilzen und Bakterien in Kontakt gekommen sind, können Sensibilisierungen, Allergien oder Mykosen entwickeln. Humanpathogene Pilze wie Aspergillus fumigatus oder bestimmte Arten von Rhizopus oder Mucor haben schwerste Krankheiten zur Folge, oft mit tödlichem Ausgang.

Für Atemorgane besonders gefährlich ist der unsichtbare Schwebstaub in der Luft, der neben Pollen und Feinstäuben wie Rauch, Ruß, Quarz, Asbest, Metall- und Talkpartikeln verschiedene Arten von Mikroorganismen wie Schimmelpilzsporen enthält3. Bei diesem Schwebstaub handelt es sich um kleinste Partikel von 0,5–10 Mikron, eine Teilchengröße, die eine besonders hohe Lungengängigkeit hat und von herkömmlichen Filteranlagen, Staubfiltern und von Staubsaugern ohne eingebaute Hepa-, Ultra-, oder Absolutfilter nicht ausgefiltert wird. Bisher nicht bekannt und untersucht war das Vorkommen von Geißeltierchen im Staub. Bei der mikroskopischen Untersuchung von altem Staub auf Gesimsen in Hinblick auf Bakterien und Schimmelpilzsporen durch den Pflanzenphysiologen Dr. Walter Url, Naturhistorisches Museum Wien, wurden nicht nur Pilzsporen, Bakterien und Kokken gefunden, sondern auch lebende Geißeltierchen, sog. Flagellaten. Nachdem in Archiven und Restaurierwerkstätten Archivmaterial bzw. Museumsobjekte mit Pilz- und Bakterienbefall desinfiziert, gereinigt, konserviert und restauriert werden, sind Konservatoren und Restauratoren eine unmittelbar exponierte und potentiell gefährdete Gruppe4.

KONDENSATION ALS HAUPTURSACHE DES VERFALLS
Museen und Depots beinhalten Objekte ganz unterschiedlicher Erhaltung und Provenienz. In ihrer staubbedeckten Oberfläche können Gemälde einen Pilz- und Bakterienrasen eingebettet haben. Mit Stärkekleister doublierte Gemälde können intensiv an der Rückseite und im Inneren von Brotkäfern befallen sein, ohne daß dies an der Vorderseite bemerkbar sein muß (Abb. 1a + 1b). Neben kontaminierten Gemälden stehen im Depot oft völlig intakte, die in Nahkontakt damit sekundär befallen werden können5. Daß Objekte im Museum oft schlecht erhalten sind, verdanken sie häufig schädigenden Bedingungen am Ort der früheren Verwendung, z. B. in Kirchen und Schlössern, wo sie über Jahrzehnte oder Jahrhunderte dem Klimawandel und der Kondensation im Gebäude ausgesetzt waren. Organische Bestandteile der Ausstattung wie Holz, Leinwand, Malschichten u. a. nahmen die höhere Feuchte auf, die durch Kondensation an kalten Außenwänden oder in der Nähe von ihnen gegeben war. Dadurch kam es allmäh-lich zu einer Vorschädigung der wand- oder bodennahen Gegenstände und häufig zu einem Primärbefall durch Mikroorganismen6.

Kondensat und vor allem das unsichtbare Kapillarkondensat bewirkt eine Erhöhung der Materialfeuchte, die wiederum den Vorabbau durch holzzerstörende Pilze begünstigt. Eine Vorschädigung des Holzes durch Pilze zieht dann Insektenbefall nach sich. Diese Schadorganismen können das Holz in der Folge bis zur Strukturauflösung schädigen. In der Stiftskirche Melk wurde aus der Zeit vor der Gesamtrestaurierung berichtet, daß einer der Engel durch resonatorische Erschütterung während des Orgelspieles vom Altar brach und in seine Bestandteile, die biogen bereits stark abgebaut waren, zerfiel. Insektenbefall kann unter Farbfassungen oder Vergoldungen lange verborgen bleiben, bis er die Oberfläche erfaßt, wie an den Putten von Peter Widerin um 1720 aus der nordseitigen Epiphaniekapelle der Stiftskirche zu sehen ist (Abb. 2a). Wie die Abbildung der Girlande zeigt, ist oft nur Holzmehl übrig geblieben, das von der Fassung zusammengehalten wird (Abb. 2b).

Sick Building Syndrom auch in historischen Gebäuden?

Auch in historischen Gebäuden, wesentlich solider und qualitätvoller gebaut als unsere heutigen Bauten, können die Voraussetzungen für das Sick Building Syndrom entstehen, obwohl der Begriff eigentlich für Gesundheitsstörungen geprägt wurde, die in modernen, schlecht gebauten und daher ohne Raumlufttechnik kaum bewohnbaren Gebäuden entstehen können. Bei mangelnder Pflege, fehlender Nutzung und fehlender bzw. falscher Beheizung kommt es auch in historischen Bauten an ihren z. T. verborgenen Holzkonstruktionen zu Schädlingsbefall und zu mikrobiell belasteten Zersetzungsprodukten. Damit beginnt auch schon die Gefahr der Keimbelastung der Raumluft, die bei Luftumwälzung verstärkt wird.

In historischen Gebäuden ist oft eine „Alles-oder-Nichts-Praxis“ anzutreffen. Anstatt frühzeitig Sanierungsmaßnahmen zu starten, wartet man oft aus Spekulationsgründen solange, bis das Gebäude völlig heruntergekommen ist, um dann eine Totalsanierung oder auch den Abriß oder die Entkernung durchzusetzen. Diese Maßnahmen gingen oft mit schwerem Gifteintrag durch toxische Festigungsmittel einher. Aber auch heute noch finden toxische Bekämpfungsmaßnahmen nicht nur in der Schädlingsbekämpfung, sondern, wie den wenigsten bekannt, auch in der Vorratshaltung statt. In Museen wurde eine Vielzahl solcher giftiger Stoffe eingesetzt, wie die inzwischen verbotenen Gifte DDT, Quecksilbersublimat und Nuvan 7. Auch sind toxische Begasungen mit Äthylenoxid, Methylbromid oder Begiftungsmitteln wie Pyrethrum durchgeführt worden, ohne zu prüfen, ob der Gifteintrag wirklich gerechtfertigt ist. Oder es wurden flüssige Holzschutzmittel mit Pentachlorphenol verwendet, die darüber hinaus an vielen Objekten den Oberflächenaspekt stark veränderten. Auch dampften sie nach ihrer Anwendung noch lange aus, wie auch mit Giftgasen behandelte Objekte noch über längere Zeit ausgasen.

Daß in Museen und in der besonders gefährdeten Gruppe der RestauratorInnen diese Problematik oft nicht richtig bewertet wird, zeigte sich 1994/95 im Rahmen des Eurocare-Forschungsprojektes „Mikroorganismen und Schadinsekten in den Museen“ durch die Fragebogenaktion an 70 Museen und Sammlungen7. Demnach werden zur Kulturguterhaltung in Museen und Denkmalpflege noch Giftgase, sogar noch Zyklon-B eingesetzt, auch in Fällen, in denen Sauerstoffverdrängung durch ungiftige Gase wie Kohlendioxid bzw. Stickstoff oder Inertgase wie Argon durchgeführt werden könnte. Dem nicht genug, es werden noch immer giftigste flüssige Holzschutzmittel mit dem falschen Argument verwendet, nur durch sie sei Vorbeugung zu erreichen, anstatt Pheromonfallen, lückenlose Quarantäne- und Hygienemaßnahmen anzuwenden.

Information und Nachschulung über ungiftige und ökologisch verträgliche Methoden der Schädlingsbekämpfung und der Befallsprävention erscheinen für die meisten österreichischen Museen dringend erforderlich.

HOLZMEHL, PILZSPOREN, BAKTERIEN UND GEIßELTIERCHEN ALS GESUNDHEITSGEFÄHRDUNG
Durch biogenen Befall entstehen Zersetzungs- und Stoffwechselprodukte wie Fraßmehl: aus insektenbefallenem Holz durch Anobium punctatum – gewöhnlicher Holzkäfer (Abb. 3a), Xestobium rufovillosum – großer Holzwurm, Lyctus bruneus – Splintholzkäfer, Hylotrupes bajulus – Hausbock, aus befallenen Gemälden durch Anobium stegobium – Brotkäfer (Abb. 3b), aus Textilien, Teppichen, Tierhäuten durch Tineola bissellia – Kleidermotte, Tinea pellionella – Pelzmotte, Anthrenus spec. – Teppichkäfer, Anthrenus flavipes – Museumskäfer. Diese Stoffwechselprodukte enthalten Allergene8. Insektenfraßmehl wiederum gibt Bakterien und Schimmelpilzen Nahrung, womit sich der Nahrungskreislauf der Schadorganismen schließt und das Giftpotential steigt. Von Mikroorganismen befallene Objekte bzw. Gemälde mit dichtem Schimmelbefall an Vorder- wie Rückseite senden keimfähige Sporen aus, die sich aufgrund ihrer minimalen Partikelgröße von 0,3-1 Mikron im unsichtbaren Schwebstaub der Luft anreichern, bei ruhender Luft zu Boden sinken bzw. sich an Objekten und Ausstattung ablagern (Abb. 4a + 4b).

Es gibt aber auch raumgenerierte Mikroorganismen wie Schimmelpilze, die an Wänden und Decken vorkommen, an denen immer wieder Wasserdampf kondensiert. Für ihr Auftreten genügt bereits Staub, der nur wenige Keime enthält. Raumgenerierte Schimmelpilze sind meist eine Auswirkung der so genannten „Kalte-Wand-Problematik“, deren Hauptkriterium die Differenz zwischen den Oberflächentemperaturen der kälteren Gebäudehülle und der wärmeren Raumluft ist, was bei luftumwälzenden Heizungen oder beim Betrieb von Klimaanlagen der Fall ist9 Die Folge dieses Temperaturunterschiedes, die durch zusätzliche Luftbefeuchtung dann noch verstärkt wird, ist immer neue Kondensation an kalten Bauteilflächen und Ecksituationen und an den ihnen nahen Objekten.

Kondensationsfolgen an Museumsgut:
Pilzbefall und Strukturauflösung,Trübungen und Deformationen

Konventionell beheizte wie unbeheizte Gebäude reagieren auf den saisonalen Temperaturwechsel mit Taupunktunterschreitung und Kondensation an den Oberflächen von Mauerwerk und Putz. Gefährlicher ist die verdeckte Kondensation an organischen Materialien im Mauerwerk. Das sind Bauhölzer wie die Auflager von Dachstühlen, Decken oder Böden aus Holz und andere verborgene Holzteile, die bei wiederkehrender Kondensation im Gebäude von Pilzen befallen werden. Ein Beispiel dafür ist die Decke bzw. der Boden des Festsaales von Schloß Schleißheim bei München (Abb. 5a + 5b). Unter dem Marmorfußboden sind die Dippelbäume von Braunfäule angegriffen, wie die Abbildung von 1991 zeigt. Die Decke der Sala terrena unmittelbar darunter zeigte Stellen mit dunklem Pilzbefall. Beide Zeichen, die innere Zersetzung des Holzes und der Pilzbefall an der Wandmalerei sind eindeutige Beweise intensiver Kondensation. An den Gemälden der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Schloss Schleißheim waren bereits im 19. Jh. weißliche Trübungen aufgetreten. Max von Pettenkofer hat dieses Phänomen 1863 als „Krepierung“ diagnostiziert (Bildung eines feinen lichtstreuenden Sprungnetzes im Firnis) und das wiederkehrende Auftreten hoher relativer Raumluftfeuchte dafür verantwortlich gemacht10. Wegen dieser fortbestehenden Klimasituation ließ die Leitung der Pinakothek die Gemälde vor einigen Jahren zurück nach München holen. An der hohen Luftfeuchte im Gebäude änderte sich seither nichts Wesentliches, da die Ursache, die zu geringe Temperatur der Aussenwände und Hängeflächen in Zeiten mit hoher absoluter Außenluftfeuchte, leider nicht beseitigt wurde.

Weitere Anzeichen von Kondensation im Gebäude sind beispielsweise rostende Eisenteile im Gebäude und Wasserfleckenbildung z. B. an textilen Wandbespannungen. Sehr oft ist in Räumen mit intensiver Kondensation ein muffiger und pilzbelasteter Geruch wahrnehmbar. Doch das sind noch nicht alle Beweise. Die Kondensationsproblematik konnte ich auch an tausenden Gemälden im Depot der Gemäldegalerie des KHM feststellen, als ich von 1993 bis 1996 mit Präventions- und Konservierungsmaßnahmen und der systematischen Bekämpfung von Schadinsekten und Mikroorganismen befaßt war. Gemälde auf Leinwand zeigten immer wieder ganz ähnliche Schädigungen, vor allem Craqueluren und die dann folgende Schüsselbildung der Malschichten. Diese Schüsseln sind Deformationen, die ausschließlich auf die Einlagerung von Wasserdampfmolekülen an Schichtgrenzen zurückzuführen sind. Wer viele Gemälde untersucht, wird feststellen, daß Schüsselbildung und Malschichtlockerung in der Gemäldefläche meistens nach unten hin zunehmen. Die Erklärung dafür ist einfach: Bei schräger Hängung kommen Gemälde unten in Kontakt mit der Außenwand. Bei konventioneller Wärmeverteilung war es laut meinen Oberflächentemperaturmessungen an diesen Kontaktstellen immer am kältesten und daher am feuchtesten.

Ein eindrucksvolles Beispiel, auf das ich später im Kapitel „Gemälde und Kalte-Wand-Problematik“ nochmals eingehen werde, ist das Gemälde „Reiterschlacht“ von Carl Philipp Rugendas. Das Gemälde hing bis 1990 in einer Doppelklimasituation an der Außenwand der Sekundärgalerie, in einem nahezu abgeschlossenen Mikroklima. Als Folge davon und aufgrund von Vorschädigungen wies das Bild verstärkte Schüsselbildung in der unteren Hälfte auf, wo die Leinwand vom Keilrahmen nicht gegen die Außenwand abgeschirmt war. Die geschützten Stellen dagegen blieben intakt. In gleicher Weise war auch der Schimmelbefall, der sich von den Craqueluren ausgehend an der Oberfläche verbreitet hatte, nach unten zu intensiver ausgebildet als nach oben und hörte genau an der Oberkante der unteren Keilrahmenleiste auf.

Durch falsches Heizen und ungereinigte Klimaanlagen werden Pilzsporen verteilt

Der negative Höhepunkt der Indoor-Pollution ist, daß die in der Raumluft vorhandenen Stoffwechsel- und Giftkomponenten durch die falsche Heizpraxis konvektiv verteilt werden. Am effizientesten geschieht dies durch ungereinigte Luftheizungen oder Klimaanlagen. Werden solche Anlagen nicht regelmäßig, d.h. mindestens 1x , besser 2x im Jahr gereinigt, sind sie Quellen für die Ausbreitung allergisierender bzw. sensibilisierender Pilze wie Chladosporium herbarum, Alternaria, Asperigillus niger, Aspergillus flavus, Penicillien oder humanpathogener Pilze wie Aspergillus fumigatus11. Raumlufttechnische Anlagen ohne Hepafilter sind im Museum äußerst problematisch, solange man über den Inhalt der verteilten, potentiell gifthaltigen Luft wenig oder nichts weiß. Werden in einer RLT-Anlage krankheitserregende Keime nachgewiesen, sind entweder sofort Hepafilter zu montieren, oder es ist die Anlage fachgerecht zu reinigen oder gar deren Stilllegung zu veranlassen. Alles andere ist unverantwortlich!

Die Einhaltung der in Objektnähe gemessenen konservatorischen Eckwerte von 45% rF im Winter und höchstens 65% rF im Sommer ist essentiell, wenn wir erkennen, daß beim Myzel unter 65% rF der Wachstumsstillstand eintritt und bei 55% die Enzyme austrocknen. Klimamessung und Klimakontrolle sind also eminent wichtig, die Montage von guten Feuchtigkeitssensoren ist erforderlich. Viele Pilze vermehren sich exponentiell bei Temperaturen über 18°C und einer relativen Feuchtigkeit von über 80%, in der die Sporen keimen und das Myzel sich auf dem Nährboden rasch ausbreitet12.

Die Sporenkonzentration bestimmt die Luftqualität

Das Argument, daß Pilzsporen ubiquitär seien, also überall in der Natur vorkämen und man präventiv nicht viel tun könne, zeigt einen Mangel an Detailwissen. Es hängt von der Konzentration der Sporen, d. h. der Sporenzahl pro m3 ab, ob eine gesundheitliche Beeinträchtigung für Menschen gegeben ist. Auch ist je nach Stärke oder Schwäche des Immunsystems die physische Resistenz von Mensch zu Mensch verschieden. Zur Objektivierung der Belastung in der Luft dient ein Sporensampler, mit dessen Hilfe die Anzahl der Luftkeime leicht feststellbar ist. Der erste Wert gibt Auskunft über den Sporengehalt bei bewegter, der zweite bei ruhender Luft. Peter Trifonoff sagt zu Pilzbelastungen im Innenraum in seinem Merkblatt für Klimaanlagen: „Eine einzige Schimmelkultur kann 20 Millionen Luftsporen in der Minute bilden“ und „100 Sporen von Alternaria oder 3000 Sporen von Cladosporium Herbarum können einen Anfall von allergischem Asthma oder von Rhinitis auslösen”.

Diese Situation der Kontamination ist dem leitenden Personal in den Museen zu wenig bewußt, obwohl es für Objekterhaltung und Arbeitnehmerschutz verantwortlich ist. Auch die amtlich zuständige Aufsichtsbehörde ist zu wenig informiert über die Summe der vorkommenden Gifte in Museen und Sammlungen, weil das Personal der Museen sich bisher über den Gifteintrag wenig Gedanken macht. Restauratoren und Präparatoren, die mit kontaminierten Objekten zu arbeiten haben, stehen mit ihrem Anliegen oft alleine da, wenn sie für ihre Sammlungsbestände bessere Rahmenbedingungen, eine Anlagensanierung oder eine Luftfilterung für den Gesundheitsschutz erreichen wollen. Ihre Gesundheit leidet in vielen Fällen, weil die Vorgesetzten ihre oft schlimme Lage nicht erkennen bzw. nicht richtig einschätzen. Die Zahl der Betroffenen ist im Steigen begriffen und es hat den Anschein, daß sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet werden muß, da hier der Arbeitnehmerschutz nicht greift. Es hilft nur seriöses Vorgehen durch Untersuchung und konsequente Sanierung unter Beachtung des Gesundheitsschutzes für alle.

Vorbild Steiermärkisches Landesarchiv in Graz

Daß es einen Weg der Vernunft und der praktizierten Prävention gibt, zeigt das Steiermärkische Landesarchiv seit Jahren, weil hier Direktion und Belegschaft das von der Papierrestauratorin und Leiterin der Restaurierwerkstätten Ingrid Hödl zusammen mit Hygienikern und Ärzten entwickelte „Hygienepaket“ lükkenlos durchführen13. Offensichtlich hat man in Graz erkannt, daß ein Archiv, ein Museum nur gewinnen kann, wenn hygienisch und gesundheitlich unbedenkliche Arbeitsbedingungen für alle geschaffen werden und niemand durch das von Schimmelpilzen und Bakterien befallene Museums- oder Archivgut gesundheitlich zu Schaden kommt. Die Vorgaben der Restauratorin wurden auch für den Neubau des Steiermärkischen Landesarchivs voll erfüllt: Dort ist jeder Archiv- und Arbeitsraum mit Hepa-Partikelfiltern oder reinen Werkbänken ausgestattet, die bei der Arbeit mit befallenem Archivgut durch Ausfilterung aller biogenen und allergenen Partikel eine unbedenkliche Luftqualität gewährleisten. Im einigem Kontrast dazu stehen die folgenden Beispiele.

Situationsbilder aus kontaminierten Museen und Sammlungen

Museums- und Archivmitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind gefährdet, wenn sie ohne ausreichenden Schutz tagtäglich in kontaminierter Luft oder an kontaminierten Objekten arbeiten oder einer durch pathogene Keime verunreinigten Klima- oder Lüftungsanlage ausgesetzt sind. Gefährdet sind aber auch Museumsbesucher, vor allem Allergiker oder schwangere Frauen, die sich ohne Wissen und Warnung in kontaminierten Räumen mit hoher Luftkeimzahl aufhalten. Drei Beispiele sollen diese Situation illustrieren.

Im Musée de la Mode in Paris, einem Jugendstilbau, war 1995 die alte Luftheizung aus der Erbauungszeit noch immer in Betrieb. Der über Bodengitter ein- und austretende Heizluftstrom führte zu einer enorme Staubumwälzung mit dicken Ablagerungen an Wänden und Vitrinen. Anlässlich der Ausstellung „Mode à la Cour Imperiale de Vienne“ wurde diese Situation von uns, den die Leihgaben begleitenden österreichischen Museumsrestauratorinnen, beobachtet. Infolge einer derartig problematischen Umverteilung von Staub in den Ausstellungsräumen und in den Restaurierwerkstätten im Keller herrschten sehr schlechte Luftverhältnisse, mit dem Ergebnis, daß die Hälfte der Textilrestauratorinnen an Atemwegserkrankungen – meist Asthma bronchiale – litt. Es ist zu hoffen, daß sich die Situation seither verändert hat.

Luftheizungen gab es vereinzelt bereits im 18. Jh. (z. B. Stift Melk, Festsaal). Technisch sehr verbessert, wurden sie in der 2. Hälfte des 19. Jh. große Mode. Auch die beiden k. u. k. Hofmuseen in Wien waren ursprünglich mit Luftheizungen (Heizstoff Braunkohle) ausgestattet. Von der Kuppelhalle ausgehend wurden die Säle mit Heizluft durchflutet, die weder befeuchtet noch gefiltert war. Dies war konservatorisch sehr nachteilig für die Objekte, wie man heute weiß. Derzeit haben nur mehr Eingangshalle, Stiegenhaus und Kuppelhalle des Natur- und des Kunsthistorischen Museums eine Luftheizung ohne Filterung und Befeuchtung.

Ein weiteres Beispiel von starker Kontamination der Raumluft mit Schimmelsporen ist die zum Kunsthistorischen Museum gehörende Wagenburg in Wien, die seit Jahren ein unerledigter Sanierungsfall ist. Die ebenerdigen Ausstellungs- und Depoträume sind nicht unterkellert, südwestseitig der Wagenburg ist das Straßenniveau noch dazu erhöht. Die Höfe und Gänge zwischen den einzelnen Gebäuden, Depots und Restaurierwerkstätten sind asphaltiert oder haben einen mit Asphalt verfugtes Kopfsteinpflaster. Die Mauern zeigen meterhoch Feuchte- und Salzschäden infolge aufsteigender Bodenfeuchte (Abb. 6a). Da lediglich Sanierputz aufgebracht wurde und eine grundlegende Feuchtesanierung und Maßnahmen für die Ableitung des Oberflächenwassers aber unterblieben waren, war es nicht verwunderlich, daß der Sanierputz bereits 1995, ein Jahr nach der Sanierung, stellenweise wieder abplatzte (Abb. 6b). Im Inneren der meist ebenerdigen Gebäude war die Luftfeuchtigkeit wegen der Mauerfeuchte und der geringen Oberflächentemperatur im Sommer ständig sehr hoch. Dies blieb auch nach der früheren Putzerneuerung so. Da die Poren des Sanierputzes durch Salzkristallisation gefüllt sind, steigt die Feuchte hinter ihm auf und dunstet in etwa 2 m Höhe mit entsprechenden Ausblühungen aus. In der Restaurierwerkstätte liegt die relative Luftfeuchte weit über dem konservatorischen Eckwert von 65%, obwohl hier geheizt wird. Da dies konventionell mit Luftaufheizung (Heizkörperheizung) geschieht, wird die Verdunstung durch den höheren Luftwechsel noch angeregt. In der Schauhalle der Wagenburg selbst liegt die relative Feuchte zwischen 60 und 70% in Sommermonaten auch höher, wodurch an den Kutschen ständig Schimmel auftritt. Ohne ursachenbehebende Sanierung bleibt jede noch so sorgfältige Behandlung des Pilzbefalls durch die Restauratorinnen und Restauratoren eine Sisyphusarbeit, weil eine so hohe Luftfeuchte bewirkt, daß der Schimmel wiederkommt.

Zum Erhaltungsproblem für die Kutschen kommt die Gesundheitsgefährdung der Menschen, die dort arbeiten. Im Sommer bei hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit ist die Luftqualität in der Ausstellungshalle so schlecht, daß das Aufsichtspersonal gezwungen ist, in kürzeren Zeiträumen zu wechseln. Und es kommt immer wieder vor, daß auch Besucher allergische Reaktionen wie Niesen, Husten, Augenentzündungen zeigen oder Ausschlag bekommen. In solchen Fällen kurzer Exposition von Besuchern an kontaminierten Orten ist es für den behandelnden Arzt schwierig, eine Verbindung von Ursache und körperlicher Wirkung zu erkennen. Zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung, ob bei Besuchern oder Mitarbeitern, ist die Wagenburg meiner Auffassung nach sogleich zu schließen, um sie korrekt zu sanieren, eine Maßnahme, zu der sich die Generaldirektion bis heute nicht durchgerungen hat.

Das dritte Beispiel, das Museum Carolino Augusteum in Salzburg machte 1994/95 Schlagzeilen. Durch die 27 Jahre lang nicht gereinigten Luftschächte der Klimaanlage wurden allergisierende und humanpathogene Pilzsporen verteilt und dadurch Museumspersonal und Museumsbesucher gefährdet. Über unser Eurocare-Forschungsprojekt wurde 1994 entdeckt, daß sich in den Luftschächten auch der humanpathogene Pilz Aspergillus fumigatus befand14. Die Gefährlichkeit dieser pilzkontaminierten Klimaanlage wurde dadurch unterstrichen, daß an diesem Museum drei Museumsmitarbeiter im Dienst und nicht etwa im Ruhestand, verstorben sind. Und es gibt zu denken, daß es von Seiten der Arbeiterkammer und der betroffenen bzw. eingeschalteten Restauratorinnen größter Anstrengungen bedurfte, die korrekte Reinigung der Klimaanlage durchzusetzen, eine Maßnahme, die doch in jedem Museum eine Selbstverständlichkeit sein sollte. 1999 war die Anlage erst teilweise gereinigt, ein Teil stand damals noch immer aus.

2003 jedoch ergab die Nachfrage zum aktuellen Stand eine erfreuliche Wende der Dinge. Die neue Direktion hat die Übersiedlung des Museums in die nun sanierten Räume der Neuen Residenz in die Wege geleitet. Diese neuen Museumsräume werden derzeit nach Stand des Wissens und der Technik mit einer Temperieranlage an den Hüllflächen und einer konservatorisch unbedenklichen Lüftungstechnik15 eingerichtet.

Arbeitsstättenverordnung – qualitativ verbessern statt verwässern

Von Gesetzgeberseite ist die neue Arbeitsstättenverordnung, BGBl. II Nr. 368 vom 13. 10.1998, in Kraft, in der es unter § 13.3 heißt: Klima- und Lüftungsanlagen „sind mindestens einmal jährlich, längstens jedoch in Abständen von 15 Monaten auf ihren ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen“, und zwar „nach größeren Instandsetzungen, Änderungen oder wenn begründete Zweifel am ordnungsgemäßen Betrieb bestehen“16. Was hier jedoch nicht formuliert ist, ist die verpflichtende Vorschreibung einer fachlich einwandfreien Reinigung im Falle des Nachweises gesundheitsschädigender Keime in der Anlage. Im Arbeitsübereinkommen der Bundesregierung vom 2.02.2000 ist auf Seite 26 unter dem Kapitel „Weniger Bürokratie und mehr Deregulierung im Sozialsystem“ unter Punkt 2 als Ziel wörtlich aufgenommen: „Änderung aller Regelungen, die eine – verglichen mit dem konkreten Nutzen für die Arbeitnehmer – unverhältnismäßig große Belastung für die Betriebe darstellen“.

Angesichts des Gefährdungspotentials von nicht gereinigten Klimaanlagen ist eine Lockerung der bisher ohnehin zu wenig strengen gesetzlichen Auflagen für RLT-Anlagen unter Umständen lebensgefährlich. Ging schon bisher die Tendenz zu laxer Handhabung der Vorschriften für die Überprüfung und Reinigung der Klimaanlagen zu Lasten der Arbeitnehmer, so wird mit dem neuen Text von vorne herein eine „Änderung aller Regelungen“ möglich, anstatt die Betriebe – auch die staatlichen – zur selbstverständlichen Wartung ihrer Einrichtungen zu verpflichten. Sollte die bisherige Verpflichtung zur Prüfung und Reinigung der Klimaanlagen wegfallen, wäre das eine eindeutige Verschlechterung des Arbeitnehmerschutzes. Sie muß daher unbedingt bestehen bleiben.

Problemkreis Konvektion und Staubverteilung durch falsches Heizen

Die oben angeführten Beispiele für die Problematik von mit Staub und Sporen belasteter Luft sollten aufzeigen, wie komplex und gefährlich dieser Problemkreis sich ausweiten kann, wenn man ihn nicht fachgerecht saniert. Nachdem nur Böden regelmäßig gereinigt werden, nicht aber Wände und Mauervorsprünge, ist meist viel alter Staub in Museumsräumen vorhanden (Abb. 7). Weiterer Staub dringt von außen über Fenster, Türen und undichte Baufugen ein oder er wird durch Besucher hereingetragen. Die Einrichtung von Schmutzschleusen ist daher notwendig. Man muß aber auch darauf drängen und erreichen, daß alle 3–5 Jahre eine Entstaubung der schwer erreichbaren Flächen und Mauervorsprünge erfolgt. Mit den Einsparungsmaßnahmen beim Reinigungspersonal und den Auslagerungstendenzen der Museen droht dieser Bereich zu verkommen, so daß wir durch intelligente Reinigungskonzepte gegensteuern müssen. In großen Häusern empfiehlt es sich daher, ein professionelles Reinigungskonzept durch eine Fachfirma erstellen und umsetzen zu lassen17, bei sensiblen künstlerisch gestalteten Oberflächen sind RestauratorInnen zuzuziehen.

Die Verteilung der vorhandenen Grob- und Feinstäube im Innenraum erfolgt durch Konvektion. Diese Raumluftumwälzung entsteht z. B. dadurch, daß sich an Bauteilen mit unterschiedlichen Temperaturen Luftströme bilden, an wärmeren Flächen ein Auftrieb und an kälteren ein Abtrieb. Während die in unbeheizten Gebäuden durch Sonneneinstrahlung und saisonale Temperaturunterschiede hervorgerufene Staubumverteilung verhältnismäßig gering ist, werden in konventionell beheizten Gebäuden enorme Mengen an Feinstäuben und Partikeln durch bauphysikalisch nachteilige Wärmeverteilungsysteme wie Heizkörper und Elektro-Nachtspeichergeräte verbreitet, aber auch über Luftheizungen oder Lüftungsanlagen, wobei Filterung und Filterwechsel das Problem etwas mindert. Die aufgewirbelten Staubpartikel werden von kalten und daher feuchten Wänden angezogen und es entstehen Schmutzschleier, die Architekturoberflächen verdunkeln. Beispiele dafür waren die Kuppel in der Peterskirche oder das Innere der Rochuskirche in Wien vor der Restaurierung 2002. Schmutzschleier sind aus porösen Oberflächen kaum entfernbar, weshalb es so viele übermalende Restaurierungen an Architektur gibt, z. B. die erwähnte Kuppel der Peterskirche, die sich nun dunkler als die übrige jetzt restaurierte Wandausstattung abhebt, oder die Leimfarbenmalereien an Sockeln und Gesimsen und plastischen Bauteilen der beiden Hofmuseen.

Gemälde und Verstaubung durch Luftumwälzung

Durch heizungsbedingte Luftumwälzung droht auch eine intensive Verstaubung wandnaher Objekte wie Gemälde in ihrer Hängesituation. Zwei Beispiele aus dem Kunsthistorischen und dem Naturhistorischen Museum illustrieren dies. Der „Ildefonsoaltar“ von Rubens hing bis zur Sanierung 1990 und bis zu dem Zeitpunkt der Bildpflege an der Außenwand von Saal XIII des KHM. Neben dem leicht und trocken abnehmbaren Anflugstaub war verhältnismäßig viel kondensatgebundener Feinstaub festzustellen (Abb. 8a). Das Gemälde im Naturhistorischen Museum, das „Charakterbild des Carbon“, 1884 von Josef Hoffmann für das NHM gemalt, war im 2. Weltkrieg ausgelagert und anschließend restauriert und dabei teilweise übermalt worden. Seit den fünfziger Jahren hängt es wieder an der Innenwand von Saal X, einem der meistbesuchten Säle des NHM und hat ähnlich den Bauplastiken der Atlanten und Karyatiden seither viel Staub angelagert (Abb. 8b).

Wie im Eingangskapitel erwähnt, fanden sich bei der Analyse von Staubablagerungen auf einem Gemälde aus dem Hochparterre im Saal XIX, aber auch aufGebäudesimsen im 2. Stock, neben mineralischen Bestandteilen, Schimmelsporen, Bakterien und Kokken auch lebende zweifüßige Geißeltierchen! (Abb. 9a + 9b). Die intensive Ablagerung auf dem Gebäudesims im Treppenhaus zeigt, daß Staubpartikel allein durch die Thermik der Luftheizung in der ebenerdigen Eingangshalle im Gebäude bis in den 2. Stock weit umverteilt wurden.

In den Schausälen der Gemäldegalerie des KHM ist eine bauphysikalisch sehr ungünstige Wärmeverteilung seit der Einrichtung der Warmwasserzentralheizung gegeben. Sowohl die Raumheizung wie die Luftbefeuchtung erfolgten vor Sanierung der Gemäldegalerie (1990–1994) von der Raummitte her durch Heizkörper und darauf liegenden Verdunstungswannen, wobei die stark erwärmten und befeuchteten Luftströme zum kalten Lichtdach aufstiegen, dort abkühlten und seitlich an den Wänden herunter fielen. Bei diesem raumzentralen Wärmeangebot blieben die Außenwände und die oberen Drittel der inneren Trennwände kalt und nahmen Feuchtigkeit auf, so daß sich der mitgeführte Staub beim Auftreffen des Luftstroms vor allem im oberen Drittel der Wände ablagerte, ein Teil aber auch darunter in der Hängeebene der Gemälde. Dabei zeichneten sich die Rahmenränder der Bilder als Staubsilhouetten auf der Wandbespannung ab (Abb. 10a + 10b).

Durch die Sanierung hat sich diese Situation nicht grundlegend verändert, da entgegen dem Vorschlag der Autorin, die Außenwände durch eine Temperieranlage thermisch zu versorgen, bedauerlicherweise das veraltete Prinzip der Wärmeverteilung von der Raummitte aus beibehalten wurde. Nur die Leitungen und die Heizkörper wurden erneuert und die Regelungstechnik modernisiert. Die Heizwassertemperatur ist jetzt geringer, womit sich naturgemäß Thermik und Staubtransport verringerten. Außerdem geschieht die Luftbefeuchtung heute durch die Luftwäscher der Lüftung, so daß die eingeblasene Luft gereinigt ist. Die Luftgeschwindigkeit der Belüftung scheint allerdings zu hoch zu sein, da sich bei längerem Aufenthalt in der Gemäldegalerie ein leichtes Frösteln einstellt.

„Kleine Ursachen, große Wirkungen“ möchte man das Kapitel Staub und Konvektion im Museum übertiteln, denn in Museen mit Heizkörperheizung bzw. mit schlecht gewarteten raumlufttechnischen Anlagen besteht ein großer Teil der Erhaltungsarbeit an Ausstattung und Museumsgut in der periodischen Reinigung der Objekte von Staub. Begreift man erst einmal, daß genau diese uneffiziente Wärmeverteilung Ursache so viele negativer Auswirkungen ist, so erkennt man, daß man erst diese Ursache beseitigen muß, um den ganzen Problemkreis zu entschärfen. Denn je größer der Unterschied der Temperaturen von Raumluft und Wandoberflächen durch falsches Heizen ist, desto intensiver sind Konvektion und Staubtransport und desto belasteter ist die Raumluft! Das Buch von Alfred Eisenschink „Falsch geheizt ist halb gestorben“ bringt schon im Titel die physiologische Seite falschen Heizens auf den Punkt18.

Je belasteter die Atemluft, desto höher ist die Krankheitsanfälligkeit des Menschen. In der Arbeitsmedizin sind Reaktionen auf hohe Raumluftbelastungen am Arbeitsplatz als „Montagsfieber“ oder „Montagssyndrom“ bekannt. Dies bedeutet, daß Krankheitssymptome, die über das Wochenende abgeklungen sind, am Montag bei Inhalation von belasteter Luft am Arbeitsplatz wieder aufflammen, was zu Husten, Atemnot, asthmatischen Anfällen etc. führt. Bei den Betroffenen hilft dann nur mehr Allergenkarenz (laut Pschyrembel, Handbuch der Arbeitsmedizin, München 1987).

Um die Tragweite und die hohe Wirksamkeit falschen Heizens und belasteter Atemluft zu verstehen, darf man nicht nur die Wandtemperaturen untereinander vergleichen, die sich z. B. bei Heizkörperheizung maximal um 6 – 10 Grad unterscheiden, sondern muß diese mit der Oberflächentemperatur einer Heizkörperrippe oder eines Konvektorschachts (z. B. 60°C) vergleichen. Daß diese Heizflächen also über 40°C heißer als die Wände sind, erklärt erst den starken Luftheizeffekt und in der Folge die starke Luftumwälzung der Heizkörperheizung.

Kondensation als Ursache von Pilzwachstum und Staubbindung

Die Bindung von Staub und Schmutz an Oberflächen im Innenraum wird verstärkt durch die Erhöhung der Materialfeuchte. Diese wird hervorgerufen durch Kapillarkondensat. Dies entsteht in unbeheizten Räumen durch saisonalen Anstieg der absoluten Feuchte der Außenluft, ohne daß die Wände dabei entsprechend wärmer werden, in beheizten Räumen durch ungleichmäßige Wärmeverteilung und technikbedingte Feuchteschwankungen, die die relative Feuchte der Raumluft kurzzeitig über 60% anheben, wie z. B. bei künstlicher Luftbefeuchtung. Die Feuchteabscheidung infolge solcher Klimaschwankungen führt zu verstärkter Bindung von Staub an kalten Oberflächen. Es kommt zu Staub-Inkrustation in Feinstrukturen und zu Ablagerung von Staubschichten, die zusammen mit Schimmelpilzsporen zu aggressiven und zerstörenden Kompressen werden können. Bei längerer Einwirkung werden Fassungsschichten zerstört, Malschichten und Leinwände vor allem an der Unterkante von Gemälden angegriffen und abgebaut, so daß sie völlig zerfallen können, wie im Depot der Gemäldegalerie an großformatigen Gemälden zu beobachten war, die früher ohne Zierrahmen direkt auf dem Boden standen.

Bei einer Wärmeverteilung nach veraltetem Stand der Technik bleiben die Außenwände kalt. Laut meinen Messungen im Kunsthistorischen Museum können Oberflächentemperaturen von Außenwänden des konventionell beheizten Gebäudes im Winter zwischen 11 und 17°C betragen, bei Raumtemperaturen von 20 – 22°C bzw. bei Sonneneinstrahlung bis zu 24°C. Wasserdampfmoleküle und Staub werden von den kalten Wänden und den ihnen nahen Gegenständen aus der wärmeren Raumluft angezogen. Damit wird der im Winter ohnehin zu trokkenen Raumluft Wasserdampf entzogen. Die Wärmeverteilung über die Luft verursacht ein inhomogenes und zu trockenes Raumklima, das ständig nachbefeuchtet werden muß, was angesichts der bakteriellen und regeltechnischen Probleme, die mit Luftbefeuchtern verbunden sind ein Dauerrisiko produziert.

Kondensation und Kapillarkondensation beschleunigen Pilzwachstum und alle deformationsmechanischen Vorgänge wie Craqueluren- und Schüsselbildung an Gemälden. Die Mikroklimasituation eines Gemäldes an einer kalten Wand (Kalte-Wand-Problematik) läßt sich durch berührungsfreie Messung der Oberflächentemperaturen von Wand und Bild mittels Infrarotthermometer gut erfassen19. Mit diesen Messungen wird es physikalisch plausibel, daß der unnütze und kostspielige Kreislauf – a) falsches Heizen, b) zu geringe Wandtemperatur, c) problematische Nachbefeuchtung – durch die Temperierung der Hüllflächen behoben wird.

Kalte-Wand-Problematik:Oberflächentemperaturmessungen von Gemälden an kalten Wänden

Tizians Gemälde „Nymphe und Schäfer“, Inv.-Nr. 1825, ist ein typisches Beispiel für die Kalte-Wand-Problematik, wie sie bis 1990 in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums bestanden hatte (Abb. 11a). Das Gemälde hing in schräger Neigung an der Außenwand von Saal II der Italienischen Abteilung. Dort betrugen am 5.03.1990 um 9.00 die Raumklimawerte 21,5°C und 48% rF. Die Wandoberflächentemperaturen hinter dem Bild lagen unten, wo der Zierrahmen die Wand berührt, bei nur 14°C, oben bei 17°C, die Oberflächentemperaturen der Gemäldevorderseite unten bei 19,5°C, oben bei 21°C. Die Temperaturdifferenz zwischen Wand und Bild betrug also zwischen 5,5° oben und 7°C unten, am kältesten Punkt. Die von den Oberaufsehern in der Gemäldegalerie über Jahre gemachte Beobachtung, daß „im Winter die Wände rinnen“, hat sich sichtbar niedergeschlagen: Hinter den Bildern war die Wandbespannung im Winter tatsächlich feucht und hatte in mehreren Jahren durch die intensive Kondensation Wasserflecken ausgebildet (Abb. 11b). Anhand des h-x-Diagramms läßt sich das Verhältnis von Temperatur und relativer Luftfeuchte bei gegebenem Feuchtegehalt der Luft ablesen: Bei Raumklimawerten von 21,5°C und 48% rF zum Zeitpunkt der Messung führt die Abkühlung der Raumluft auf die obere Wandtemperatur von 17°C hinter dem Bild zu dem Wert von 64% rF, die Abkühlung auf die untere Wandtemperatur von 14°C an der Unterkante des Bildes zu dem Wert von 78% rF (Abb. 11 c).

Mit diesen hohen Feuchtewerten befinden wir uns im Bereich bester Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze! Sinkt bei gleichem Raumklima die Wandtemperatur an der Bildunterkante auf nur 11°C ab, wie im Winter möglich, steigt dort hinter dem Bild die relative Feuchte sogar auf 90% an. Auf Grund dieser Unterschiede von Oberflächen- und Lufttemperatur lagern sich vermehrt Wasserdampfmoleküle in Grenzschichten, Craqueluren und Mikrostrukturen ein. Mit zunehmender Einlagerung werden sichtbare deformationsmechanische Vorgänge, wie die Schüsselbildung von Malschichten, ausgelöst20. Andererseits droht bei so hohen Luftfeuchtewerten das Schimmelproblem, weil die bei der Überschreitung des Grenzwertes von 65% rF Myzelwachstum, ab 85% rF das Auskeimen von Pilzsporen schlagartig beginnt.

Ein Gemälde mit dramatischen Schäden mit typischen Folgen der Kalte- Wand-Problematik ist das Bild „Reiterschlacht“ von Rugendas, das bis 1989 in einer Doppelklimasituation an einer Außenwand der Sekundärgalerie hing. Das Ölgemälde auf Leinwand hatte nach unten zu, exakt bis zur Oberkante des Keilrahmenquerstücks nicht nur Malschichtschollen, sondern auch intensiven Schimmelbefall ausgebildet. Wie die Abbildung zeigt, war der Schimmelbefall dort am intensivsten, wo der Zierrahmen in Kontakt mit der Wand war, weil es hier am kältesten und feuchtesten war (Abb. 12a + 12b). Der Keilrahmen wirkte hier als Wärmedämmung und schützte das Bild von der Rückseite her vor Kondensation. An diesen geschützten Stellen ist die Gemäldeoberfläche intakt und plan geblieben und überdies völlig frei von Schimmelbefall!

Ein weiteres, von Kondensation geschädigtes Gemälde, eine aus einer Wandvertäfelung stammende Supraporte mit „Amoretten“, jetzt im Depot der Gemäldegalerie ist auf hellem Hintergrund gemalt. Auf diesem hellen Grund tritt der Verlauf der dunklen, von Schmutz gefüllten Craqueluren besonders deutlich hervor, die fast alle exakt an den Kanten der Keilrahmen-Mittelstrebe rechts enden (Abb. 13a). Wieder zeigt sich, daß dort, wo der Keilrahmen als Wärmedämmung das Gemälde vor Kondensation schützte, die Malschicht intakt blieb und keine Schüsseln ausbildete. Das monochrom gemalte helle Bild zeigt den dunklen Pilz besonders deutlich, der sich an den wandexponierten Stellen als Feuchtigkeitsindikator eingenistet hat (Abb.13b). Dies ist ein Hinweis darauf, daß das Ausmaß Schimmelbefall von Bildern, die sich in feuchtebegünstigender Hängesituation befinden und befanden, kaum bekannt ist. Einen etwa vorhandenen dunklen Pilz kann man auf dunklen Bildern und gebräunten Firnissen kaum erkennen, dann wenn man ihn nicht vermutet.

Nach dieser Beweiskette von Messungen, aus denen für die Wirkung „Feuchteschaden“ die Ursache „Temperaturdefizit an Außenwänden“ abzuleiten ist, steht eines fest: Eine Wand, die thermisch nicht versorgt ist, wird Kondensat produzieren und Staub anziehen.

Was tun? Die Kondensation muß unbedingt unterbunden werden! Ist dies nicht möglich, müssen die Gemälde entfernt werden! Die für die Klimasanierung und Vorbeugung richtige Therapie ohne negative Nebenwirkungen ist das Nachführen von Wärme an der Außenwand. Im Schema des Sanierungsvorschlages von Andreas Hofer für die Außenwände der Gemäldegalerie ist ein älteres Beispiel für das technische Prinzip der Wärmeführung zu sehen: Über dem Sockelheizband hinter der Marmorverkleidung steigt warme Luft in die vordere Kammer der Vorsatzschale auf, kehrt oben um und fällt in die hintere Kammer hinunter, um über dem Sockelheizband wieder erwärmt aufzusteigen (Abb. 11d). Bei den großen Raumhöhen der Gemäldegalerie wäre ein zweites Heizband in Höhe der Marmorbrüstung vorgesehen gewesen. Inzwischen wurde im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eine wesentlich einfachere Form der Wandtemperierung ohne Vorsatzschale mithilfe weniger eingeputzter Heizrohre entwickelt die in der Gemäldegalerie nicht in Diskussion stand.

Tausende Gemälde mit Kondensatschäden als Beweise für bauseitige Kondensation und Beispiele historisch belegter Kondensatschutzmassnahmen

Eine umfassende Gemäldeuntersuchung vermag Schäden und ihre Ursache und Auswirkungen zu erkennen und öffnet so den Blick fürs Ganze: Im Depot der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums sind etwa 90% der Gemälderückseiten mit Staub und alten und neueren Schimmel- und Bakterienflecken bedeckt. Nachdem der Staub nun weitgehend entfernt ist, sind all diese Bilder gut lesbare Zeugnisse für das Kondensationsgeschehen, das am Ort der früheren Hängung stattfand und Spuren und Schäden hinterlassen hat. Über die schlechte Erhaltung vieler Gemälde muß man sich nicht also wundern, wenn man die Klimabedingungen vor Ort untersucht hat.

Ein gut dokumentiertes Beispiel ist das Bild „Epiphanie der Könige“ von Michael Rottmayr in der Stiftskirche Melk (Abb. 14a). Das Gemälde war von Schimmel befallen, wie ich bei der Abnahme zur Restaurierung feststellen konnte. Der Schimmelbefall war trotz einer intakt gebliebenen und bauseits wohldurchdachten originalen Hinterlüftung mit Klimanische, Vertäfelung und Lüftungskanal (Abb. 14b) aufgetreten21. Warum? Weil die Epiphaniekapelle mit ihrer nordseitigen Lage zu den kältesten und kondensatanfälligsten Zonen der Stiftskirche gehört. Und weil die relative Luftfeuchte in der Stiftskirche zum Sinken der Bioresistenz der Ausstattungsmaterialien beigetragen hat. In den Sommermonaten 1978, bei Beginn der Restaurierung der Stiftskirche wurden 80 – 90% rF aufgezeichnet.

Bessere Voraussetzungen hatten die Barockgemälde im gut belüfteten Kreuzgang an der Wand zur Klosterkirche in Kloster Salem, Baden-Württemberg. Auch hier sorgten original erhaltene Klimaschutzmaßnahmen mit Lüftungslöchern in der Stuckrahmung für die Hinterlüftung der Gemälde (Abb. 15). Für die Innenwandsituation waren diese Erhaltungsbedingungen offensichtlich ausreichend, nachdem die Gemälde ohne Schimmelbefall geblieben sind.

Feuchteschutz für Gemälde war im 18. und frühen 19. Jh. durchaus noch ein wichtiges Thema und es wurden Speziallösungen erfunden: z. B. von der Wand wegklappbare Gemälde in Schloß Persenbeug an der Donau, NÖ22. Für ein venezianisches Renaissancegemälde „Madonna mit Kind und Heiligen“, das zu Kaisers Zeiten in der Wiener Hofburg hing (heute im Depot des KHM), ist Ende 19. Jh. ein Spezialrahmen angefertigt worden, der durch Seitenausschnitte an allen 4 Seiten die Hinterlüftung ermöglicht (Abb. 16). Das Gemälde ist dadurch relativ gut erhalten. Eine andere Methode war im 18. und 19. Jh. der Versuch der Impermeabilisierung durch leinölhaltige Rückseitenanstriche. Die Tierbilder des Philipp Ferdinand Hamilton aus dem Schloß Eckartsau, NÖ, (jetzt Depot der Gemäldegalerie) zeigen graue Ölfarbanstriche an den Rückseiten aus der Zeit, als sie noch im Schloß hingen. Diese schwer löslichen Anstriche sind zwar heute ein Konservierungsproblem, waren damals aber in der Lage, Mikroorganismenbefall von den Rückseiten abzuhalten. Sie wurden wohl in dem Wissen angebracht, daß Leinöl kein günstiges Substrat für Pilzbefall ist.

In Summe zeigen die Beispiele für Feuchteschäden an Gemälden und historische Maßnahmen zum Feuchteschutz, daß sich die alten Baumeister der Schädigung durch Kondensation immer bewußt waren und Schutzmaßnahmen getroffen haben. Diese Maßnahmen konnten die Situation zwar verbessern, die Ursache für die Kondensation, das Temperaturdefizit des Bauteils, jedoch nicht aus der Welt schaffen.

Künstliche Luftbefeuchtung bringt Pilz- und Bakteriengefahr in Befeuchtern mit sich, die Verringerung des Befeuchtungsbedarfs reduziert diese Gefahr

Im Winter liegt die relative Feuchte in Räumen mit Heizkörperheizung zwischen 20 und 30%, was künstliche Befeuchtung erforderlich macht. Beim Einsatz von Befeuchtern mit Kaltverdunstung ist, wenn die sorgfältige Reinigung und vorbeugende Entkeimung fehlt, die Gefahr von Bakterienwachstum und Verbreitung über die Luft besonders groß. Wenn auch heute die „Legionärskrankheit“ durch Legionella-Bakterien kaum mehr vorkommt, sind andere Bakterien wie z. B. Enterokokken, Staphylokokken, Klebsiella, Sproßpilze und die bereits erwähnten Schimmelpilze wie Alternaria alternata, Chladosporium, Penicillien u .a. Auslöser für Augenentzündungen, Schleimhautreizungen, Atemwegserkrankungen, Nebenhöhleninfekte und Bronchitis23.

Wegen den Risiken künstlicher Befeuchtung rückt ein wichtiger Grundsatz moderner konservatorischer Klimatisierung mit absoluter Notwendigkeit in den Mittelpunkt: Im Winter keine hohe Notwendigkeit der Luftbefeuchtung zu verursachen, also das Heizen, wenn möglich, nicht durch Aufheizung der Raumluft vornehmen, ferner nicht auf 55% rF, sondern maximal auf 45% rF zu befeuchten! Die Einhaltung des unteren Eckwerts von 45% rF im Winter ist für die meisten organischen Objekte ausreichend und hilft das „Gefahrenpotential Allergene in Befeuchtern“ drastisch zu reduzieren. Die Reduktion des Nachbefeuchtungsbedarfes durch Wandtemperierung, d. h. durch Vermeidung hoher Lufttemperaturen und konsequentes Trockenhalten der Wände im Verein mit einer saisonal sinnvollen Untergrenze der relativen Luftfeuchte ist auf Dauer der einzig richtige Weg.

Analysen vor Sanierung

Bevor kontaminierte Räume und Objekte saniert werden, müssen die Ursachen des Sick Building Syndroms geortet, Gerüche zugeordnet, bauliche Mängel erkannt, Klimadaten erhoben und vor allem das gefährlichste Agens – die kontaminierten Stäube – mikrobiologisch und chemisch untersucht werden. Mikrobiologische Analysen sollten durch erfahrene Mikrobiologen, ein Hygieneinstitut oder ein Institut für Umfeldanalysen durchgeführt werden. Ebenso sollte die Dekontamination und das Ergebnis der Sanierung mikrobiologisch begleitet und, wo nötig, durch chemische Analysen gestützt werden.

Die neuen Vorgaben – Theoretische und praktische Vorgaben für optimale Erhaltung

Die Erhaltung von Gemälden und anderen Museumsobjekten aus organischem Material beginnt mit dem intakten klimatischen und hygienischen Umfeld eines Objektes, einer Sammlung. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die optimierte Gebäudehülle des Museums. Gerade der Klimabereich ist der sensibelste Bereich mit den meisten Fehlerquellen. Aus diesem Grund ist ihm erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Analog zu Paracelsus liegt der Schlüssel für die Heilung darin, daß schon die Vorgaben und technischen Mittel zur Klimatisierung selbst „Heilmittel“ sein müssen, indem sie ohne Bumerangeffekt anwendbar, konservatorisch unbedenklich und ökologisch verträglich sind.

1) KLIMA UND MIKROKLIMA:
Für organische Materialien gelten möglichst gleichmäßige Temperatur- und Feuchtewerte innerhalb der konservatorischen Eckwerte von min. 45% rF im Winter und max. 65% rF im Sommer, möglichst frei von Kurzzeitschwankungen im Tagesgang. Die Klimawerte sollen im Jahresgang mit der mittleren Monatstemperatur gleiten24. Mikroklima im Einzelraum und Makroklima im Gebäude sollten harmonisch aufeinander abgestimmt sein und dürfen nicht wesentlich differieren, damit es nicht zu Luftzug und Konvektion kommt. Voraussetzung dazu sind isotherme, d.h. gleiche Temperaturverhältnisse an den Raumhüllflächen, die in unserem saisonal stark ausgeprägten Klima nur durch Nichtbeheizen der Raumluft und thermische Stabilisierung der Gebäudehülle erreichbar sind.

2) WÄRME- UND FEUCHTESPEICHERKAPAZITÄT DER BAUHÜLLE:
Museumsbau und Ausstattung sollen über eine gute Wärme- und Feuchtespeicherfähigkeit verfügen. Am besten geeignet ist die Ziegelbauweise, weil Ziegelwände gegenüber Beton eine 20-fach höhere Kapillarität haben und bei Klimaänderungen mit sehr hoher Kapazität reagieren können. Ein Ziegelbau kann bekanntlich im Sommer kühlen und im Winter wärmen. Der Wert von Ziegelbauten für Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen, wie auch für Kulturgut kann aus biologischen und bauphysikalischen Gründen nicht hoch genug eingeschätzt werden. Fehlt entsprechendes Ziegelmaterial in der Bauhülle, so muß das Speicherdefizit im Inneren durch klimapufferndes Material (Holz, geeignete Textilien) als Unterstützung für das Raumklima kompensiert werden.

3) THERMOSTABILITÄT:
Die Umsetzung von Punkt 1 der Vorgaben, eine möglichst homogene Temperaturund Feuchteverteilung und von Punkt 4, trockene kondensatfreie Außenbauteile, werden durch die Temperierung der Gebäudehülle zur Raumbeheizung anstelle der Beheizung der Raumluft erreicht. Für stark durchfeuchtete und durch Salzwanderung destabilisierte Erdgeschoßzonen ist die thermische Bausanierung zur Trockenlegung und zur Trockenhaltung geeignet, ferner hindert das überall gleichförmige Wärmegefälle in den Außenwänden die Feuchte von Schlagregen und Schnee am tieferen Eindringen in das Mauerwerk. Die konservatorische Forderung nach Thermostabilität von Gebäuden wird durch die Temperierung der Gebäudehülle erreicht25.

4) KONDENSATFREIEWÄNDE:
Raumhüllflächen und ihnen nahe Gegenstände, deren Oberflächentemperatur nicht unter der der Raumluft liegt, sind trocken und kondensatfrei. Dies ist der beste Schutz vor Besiedelung durch Mikroorganismen, weil Schimmelsporen bei mittlerer relativer Luftfeuchte inaktiv bleiben und sich nicht vermehren können26. Die neuere Konservierungsforschung hat die Klimavorgaben der Museen unter die Lupe genommen und vor dem Hintergrund der Mikrobiologie reevaluiert27. Danach ist der obere konservatorische Grenzwert für die relative Feuchtigkeit mit 65% rF und das absolute obere Limit für kürzere Zeitspannen mit 75% rF festgelegt. Doch selbst die genauesten Vorgaben führen zu nichts, wenn sie nicht am Ort des Objektes eingehalten werden. Wir müssen also lernen, daß die Hauptaufgabe unserer Planungen die Herstellung isothermer Verhältnisse im Raum ist, da nur dann ein homogenes Raumklima möglich wird. Mit einer temperierten, thermostabilisierten und daher kondensatfreien Gebäudehülle ist diese Grundvoraussetzung für ein stabiles und homogenes Klima im ganzen Gebäude gegeben.

5) BIORESISTENZ:
Laut neuen polarographischen Forschungen ist Bioresistenz gegenüber Schimmelpilzen und Bakterien von der elektrischen Ladung abhängig28. Trockene Bausubstanz ist positiv geladen und hat daher eine gute Bioresistenz, das gleiche gilt für trockenes Holz, das von Pilzen nicht befallen werden kann. Mit Leinölfirnis, Leinölalkyd oder mit Ölfarbe imprägniertes oder beschichtetes Holz hat ebenfalls eine gute Bioresistenz, da gealtertes Leinöl eine positive Ladung aufweist und von Mikroorganismen nicht befallen werden kann.

6) LUFTREINHEIT, LUFTREINIGUNG, REINRAUMBEDINGUNGEN:
Die entscheidende Reduktion von Sporen- und Staubbelastung der Luft wird geleistet über die Ausfilterung von 99,99% aller Stäube, Feinstäube, Sporen und anderer Allergene mittels Hepa-Filtern, was vor allem für die Risikogruppe der Schimmelpilz-Allergiker, für Kinder und werdende Mütter gesundheitsentscheidend ist. In Räumen ohne Filteranlagen, z. B. für den Wohnungs- und Ateliergebrauch, gibt es inzwischen erschwinglich gewordene Standgeräte mit Hepa- Filtern, die gute Dienste zur Luftreinigung leisten29. Bei der Arbeit an kontaminiertem Material im Museum sind reine Werkbänke mit Hepa-Filtern und qualitativ hochwertige Industriestaubsauger mit Absolut- oder Ultrafiltern wichtig, die über Fachfirmen zu beziehen sind30.

7) MONITORING UND PRÄVENTION BEI INSEKTENBEFALL:
Biologische Pheromonfallen31 leisten bei Insektenbefall in der Entdeckung und im weiteren Monitoring sehr gute Dienste (Abb. 17). Wichtig sind regelmäßige Wartung und periodisches Auswechseln der Fallen durch geschultes Personal oder durch Fachfirmen, wobei ein Wartungsvertrag empfehlenswert ist.

8) BEKÄMPFUNG UND MONITORING VON INSEKTENBEFALL:
Bei der Gebäudedurchgasung werden noch immer Giftgase wie Methylbromid und Zyklon B und das toxikologisch günstigere Gas Sulfurylfluorid (Vikane) eingesetzt. Laut den Untersuchungen Robert Koestlers sind alle diese Giftgase materialverändernd und zum Teil farbverändernd, weshalb das Metropolitain Museum New York ausschließlich Argongas verwendet32. Methylbromid ist außerdem ein schweres Umweltgift und einer der Hauptzerstörer der Ozonschicht (Wiener Umweltkonferenz 1995). Unbedenklich hingegen sind die Inertgase Helium und Argon sowie der unter Raumbedingungen inerte Stickstoff. Während der dreiwöchigen Inertbegasung und dem dabei herrschenden Sauerstoffentzug sterben die Insekten ab.

Im KHM wurde die Insektenbekämpfung mit Methylbromid gegen Brotkäferbefall und Anobien noch bis 1994 durchgeführt. Entsprechend meiner Zielrichtung eines giftfreien und nachhaltig orientierten Museums habe ich 1996 eine Testbegasung an 6 befallenen Gemälden durchführen lassen, die wichtige Erfahrungen und Vorgaben in Hinblick auf die Einrichtung einer museumseigenen Anlage zur Sauerstoffverdrängung lieferte (Abb. 18a). Je 3 Gemälde wurden im Folienzelt entweder mit Argon oder mit Stickstoff unter Zusatz von CO2 während 3 Wochen behandelt. Die mikrobiologische Begleituntersuchung durch Michaela Berner ergab, daß Argon bei pilzbefallenen Bildern günstiger ist. Das Kunsthistorische Museum hat in der Folge 1998 im neuen Depot die erste österreichische Anlage zur Sauerstoffverdrängung mit Stickstoff eingerichtet, die allen Sammlungen des KHM, aber auch anderen Museen und Privaten zur Verfügung steht (Abb. 18b).

Das Monitoring der inzwischen lückenlos behandelten Gemäldebestände erfolgt mit biologischen Pheromonfallen, ergänzt durch konsequente Depothygiene. Die räumliche Trennung begaster und unbegaster Bestände ist zur Vermeidung jeglichen neuen Schädlingseintrages wesentlich, sei es über Objekte, Fenster, Lüftungsschächte und Gebäudefugen33.

9) DEPOT – QUARANTÄNE, VERMEIDUNG WEITEREN INSEKTENBEFALLS UND PILZWACHSTUMS:
Von Schadorganismen und von Insekten befallene Objekte müssen, wie bereits betont, unbedingt räumlich getrennt von behandelten oder nichtbefallenen Objekten deponiert werden. Bei pilzbefallenen Museumsobjekten kann weiteres Pilz- und Bakterienwachstum durch Raumtemperierung unterbunden werden. Ist dies nicht möglich, kommen auch Kühllagerung oder Lagerung in Inertgas- Atmosphären in Frage. In unbelüfteten Depots sollte eine Lüftungsmöglichkeit bestehen oder Luftfiltergeräte von ausreichender Kapazität mit Hepa-Filtern eingesetzt werden. Kontaminierte Luft aus verpilzten Luftschächten sollte nur über Hepa-Filter ausgeblasen werden. Undichte Fugen und Öffnungen im Gebäude müssen abgedichtet und eventuell über Klebefallen gesichert werden.

10) DEPOT – HYGIENE:
Entsprechend dem Hygienepaket des Steiermärkischen Landesarchivs (siehe Anm.13) ist die die regelmäßige Reinigung und die Flächendesinfektion erforderlich. Für Museums- und ArchivmitarbeiterInnen sind persönliche Hygiene, Händedesinfektion, die Verwendung von Papierhandtüchern, die Verwendung von Hautschutz, Schutzhandschuhen, Mund- und Nasenmasken und entsprechende Schutzkleidung zum Selbstschutz wichtig. Bei der Arbeit mit kontaminiertem Material ist die Verwendung von Staubsaugern mit Hepa-Filtern bzw. von reinen Werkbänken erforderlich.

Richtige Verteilung von Wärme statt permanenter Luft- und Staubumwälzung! Hüllflächen konsequent temperieren statt die Atemluft als Heizmedium missbrauchen!

Aus der Erkenntnis der konservatorischen Mängel konventioneller Heiztechniken heraus hat der Restaurator Henning Großeschmidt am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, zusammen mit dem Architekten Karl Assmann in München zu Anfang der achtziger Jahre dessen nach der Idee der römischen Hypokausten- Wandheizung (Abb.19 a +19 b) entwickelten Wandheizmethodik für Museen anwendbar gemacht. Nach Assmanns Tod 1988 gelang Großeschmidt eine immer stärkere Vereinfachung der Technik, bis hin zu bloßem Einsatz von zwei Sockelheizrohren. Inzwischen ist diese neue (von der Idee her historische) Methode der Wärmeverteilung in Maximal- und Minimalvarianten in vielen Museen, historischen Gebäuden und Neubauten erprobt und dokumentiert34.

Während bei konventionellem Heizen die Wände des Gebäudes wegen des falschen Luftkreislaufes nicht überall ausreichend warm sind, nehmen temperierte Gebäudehüllflächen gleichmäßig Wärme auf und geben sie als Strahlungswärme an die anderen Raumhüllflächen und die im Raum befindlichen Gegenstände ab. Nur eine temperierte Fläche anzubieten ist nicht ausreichend. So ist die Bodenheizung allein nicht günstig, weil hier die Wände kalt bleiben. Es kommt durch den verkehrten Luftkreislauf besonders in hohen Räumen allmählich zur Wandverstaubung von oben her.

Die Heilung der Symptomatiken Kondensation und Staubtransport setzt ab dem Zeitpunkt ein, in dem man Wärme ohne Umwege dorthin bringt, wo sie am meisten gebraucht wird: an Böden und Außenwänden, an die Fensterflächen und an die Kältebrücken der Fensternischen. Diese neue bauphysikalisch günstige Wärmeverteilung bringt bei lückenloser und konsequenter Führung entlang der Stockwerksgrenzen der Gebäudehüllflächen endgültig die Lösung der Kalte- Wand-Problematik. Es genügt ein Vorlauf- und ein Rücklaufrohr in Wandberührung oder knapp unter Putz verlegt, das ständig mit Warmwasser versorgt wird, wobei unterschiedliche Energieträger wie Erdgas oder Öl, Sonnenenergie, Biomasse, Fernwärme etc. zum Einsatz kommen können. Ein seltenes Beispiel einer komplett und intakt erhaltenen Hypo- und Pericaustenanlage mit Präfurnium und Hypocaustum mit Rundziegelsäulchen, Bodenziegeln mit Estrich und Wandhohlziegeln ist in Bad Neuenahr-Ahrweiler am Mittelrhein erhalten (Abb. 19a + 19b).

Beispiele temperierter Bauten in Österreich sind das Lapidarium und die Hausbesorgerwohnung in der Kartause Mauerbach (Abb. 20a + 20b), die ebenerdigen Gisela- und Prinzenräume in Schloß Schönbrunn (Abb. 21) ebenso die überdachten Höfe in Schloss Schönbrunn und die Volière im Schönbrunner Tiergarten. Zur Gänze temperiert ist das Museum im Ledererhaus in Purgstall an der Erlauf, Niederösterreich. Die Temperierung ist hier unter Putz verlegt was in den kleinen Räumen ein großer Vorteil ist (Abb. 22), ebenso die Volks- und Hauptschule dort. In Mannersdorf sind eine Schule35 und ein historisches Gebäude mit Temperieranlagen ausgestattet. Temperierbeispiele sind weiters das Schloß Trautenfels in der Steiermark, Teile der Hofburg Innsbruck und die Kunst- und Wunderkammer (Abb. 25a) und in die Rüstkammer von Schloß Ambras bei Innsbruck (Abb. 26b). Die Vorteile der Temperierung Klimastabilisierung, Kondensatvermeidung und Einsparung von Betriebskosten führten nun auch zur Temperierung des neuen Textildepots und zur Temperierung des inzwischen sanierten Gemäldedepots des Kunsthistorischen Museums (Abb. 24). In der Museumszene ausserhalb Wiens hat sich die Temperiermethode bereits zum „State of the Art“ entwickelt, wie Sanierungsfortschritte im Museum Carolino Augusteum in Salzburg zeigen.

BEST BOARD: Eine interessante Variante der Sockelleistenheizung ist Best Board, eine ursprünglich in den USA entwickelte Sockelheizleiste für Wohnbauten, die in Österreich in Material und Technik verfeinert und zierlicher in Größe und Form erzeugt wird36. Diese Sockelheizleiste wird ebenfalls konsequent an der Gebäudehülle verlegt und sorgt für Wohlbefinden im Wohnbereich.

ELEKTRISCHE TECHNIK IN DER TEMPERIERUNG: Dort wo keine Heizzentralen errichtet oder keine Warmwasserohre verlegt werden können, wird die elektrische Methode angewandt, die ebenfalls zu guten Ergebnissen führen kann. Die Heizdrahtschleifen müssen vollständig in mineralischer Überdeckung in Putz oder Stein verlegt werden.

VORTEILE DER TEMPERIERUNG BEI DER SANIERUNG HISTORISCHER BAUSUBSTANZ
Durch die thermische Versorgung der Gebäudestruktur gelingt es, feuchte Sokkelzonen und Mauern trockenzulegen und im Gebäude einen dauerhaften Schutz vor Mauerverfall und Salzwanderung durch aufsteigende Feuchte aufzubauen. Thermisch unterstützte Gebäudehüllflächen und ihnen nahe Materialien sind nachhaltig vor Kondensation geschützt, weil sie nicht kälter als die Raumluft sein können. Voraussetzung ist allerdings der ständige Betrieb der Temperieranlage, während der Heizperiode im gesamten Gebäude, und außerhalb der Heizperiode in den Räumen mit Erdberührung. In niedrigen unterkellerten Räumen genügt meist eine Sockelheizschleife, in höheren Räumen wird in Brüstungshöhe das zweite Rohr oder eine zweite Schleife gelegt. Über die sanfte Erwärmung der Wände gibt die Bauhülle Strahlungswärme in den Raum ab, wodurch für den Menschen ein Gefühl von Behaglichkeit entsteht, weil die Raumluft nicht in Bewegung kommt und die Gebäudestruktur, die „dritte Haut des Menschen“, warm strahlt. So können für Architektur und Museumsgut isotherme Raumverhältnisse entstehen, was bedeutet, daß an Innen- und Außenwänden gleiche Oberflächentemperaturen herrschen. Damit fällt der große Problemkreis von Konvektion und Staubtransport weg. Mit einer Temperierung ausgestattete Häuser riechen gut, weil es keine feuchten Ecken gibt und weil die Atemluft unangetastet bleibt.

Die Vermeidung von Kondensation durch Temperierung der Außenwände ist vor allem für Betonbauten lebensnotwendig, weil Beton biologisch wie bauphysikalisch gegenüber Ziegelmauern große Nachteile hat: Wegen des hohen Feinporengehalts und der geringen Wasserdampfspeicherkapazität bestehen in Betonbauten, bei denen deutlich geringere Wandstärken als bei Mauerwerk statisch ausreichen, bei konventioneller Wärmeverteilung also geringere Oberflächentemperaturen und damit tritt frühzeitig Kapillarkondensat auf, ein hohes Risiko für Schimmelbefall! Gerade in Wohnbauten aus Beton wird die Schimmelentstehung besonders begünstigt, weil hier immer neuer Wasserdampf freigesetzt wird, durch falsches Heizen die Außenwände aber kondensatanfällig bleiben. Bei Schimmelbefall muß hier zuerst dekontaminiert und dann präventiv, d.h. thermisch richtig temperiert werden. Das ist die einzige Möglichkeit, Schimmel an Außenwänden zu verhindern! An dem Beispiel einer verschimmelten Wand im Wohnbereich erkennt man erst den Wert des thermischen Sanierens und der richtig ausgeführten thermischen Bausanierung.

THERMISCHE GEBÄUDESANIERUNG DURCH SINNVOLLEWÄRMEVERTEILUNG ODER BLOß DURCHWÄRMEDÄMMUNG?
Die derzeit in Europa forcierte und von der öffentlichen Hand geförderte Methode, Heizenergie ohne Änderung der Wärmeverteilungsart nur durch Wärmedämmung mit Vollwärmeschutzfassaden einzusparen, wird auch als thermische Gebäudesanierung bezeichnet. Doch ist diese Art der „Sanierung“ wenig durchdacht und verdient den Namen nicht. Die an der Außenseite der Gebäudehülle aufgebrachten Wärmedämmplatten werden mit Putzträgern versehen und überputzt (Abb. 22a + 22b). Abgesehen davon, daß Art und Charakter der Fassade völlig verändert werden und die Oberflächen wegen der starken Nachtabkühlung in wenigen Jahren verschmutzen, entsteht bei Beibehaltung falschen Heizens in vielen Fällen eher Schimmel an kühl bleibenden Raumflächen, als dies ohne Wärmedämmung der Fall gewesen wäre, da sich wegen der Behinderung der Wasserdampfabgabe nach außen Feuchte in der Wand anreichert und diese Oberflächen schneller feucht werden. An der vor mehreren Jahren „sanierten“ Fassade der Berufsschule II in Linz. sind an den Außenseiten der Nord- und Nordwestseite schwarze Schimmelflecken zu sehen, dies, obwohl das Styropor nicht in Plattenform, sondern als Granulat in den Putz eingearbeitet ist.

Die Außendämmung von Fassaden ist für den Denkmalschutz unbrauchbar, weil sie diese grundlegend verändert und daher nur sehr begrenzt – wenn überhaupt- eingesetzt werden kann (Abb. 23a + 23b). Österreichs Umweltminister Bartenstein hat bereits 1999 die thermische Gebäudesanierung neben der Müllvermeidung als die vorrangigste der nationalen Maßnahmen zur Erfüllung der österreichischen Vorhaben zum Umweltabkommen von Kyoto genannt37. Damit erkennt das Ministerium das große Einsparungspotential an, das durch Verringerung der Heizwärmeverluste nutzbar wäre. Doch wurde zur Behebung dieses Defizits die falsche Methode gewählt – ein Beratungsfehler? Offensichtlich, denn zu den Verlusten durch Wärmeleitung über die Gebäudehülle kommen die durch Warmluftaustritt über Fugen und Öffnungen. Beides wird durch die Wandtemperierung verringert. Die Temperiermethode war den Ministerien 1990 und dem Parlament seit 1995 bekannt und sollte längst einbezogen werden. Mit dem Vorliegen der Ergebnisse des Forschungsprojektes PREVENT ist die Politik aufgefordert, eindeutige Vorgaben für energiesparende Wärmeverteilung im Gebäude zu machen.

Will die Bundesregierung das Kyoto-Ziel erreichen, so müssen alle Möglichkeiten der Nachhaltigkeit ausgeschöpft werden. Vor allem muß jene Methode gefördert werden, die bauphysikalisch, gesundheitlich, ökologisch wie ökonomisch die meisten Vorteile zur Erreichung dieses Zieles in sich vereinigt. Die Temperiermethode bietet sich als echte „thermische Gebäudesanierung“, die diesen Namen auch verdient, an, denn sie wirkt „sanierend“ auf „thermischem“ Wege, und ist vorrangig unter die Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des Kyoto-Abkommens einzureihen und in das Förderprogramm des Bundes/der Länder aufzunehmen.

Sanierung und Prävention bei Museumsgut und Architektur durch Nachhaltigkeit bei der Behebung der Schadensursachen

Aus den vorangegangenen Situationsdarstellungen kondensatgefährdeter Bauten geht hervor, daß Sanierung und Prävention problemorientiert, ursachenbehebend und zukunftsweisend sein müssen. Die Zeiten ineffizienter und zugleich kostenintensiver Methodik in Feuchtesanierung, Klimatisierung und Heizung müssen echten Sanierungsprinzipien und vor allem einer effizienten Staub-, Schimmel – und Kondensatprävention weichen. Seriöse Sanierung bereits eingetretener Schäden erfordert die volle Bereitschaft zu echter Ursachenbehebung. Falls Zweifel aufkommen sollten: Es geht hier um nichts weniger als um Gesundheit, es geht im wahrsten Sinn des Wortes um gesund- oder krankmachende Verhältnisse im Architektur- und Museumsbereich und letztlich aber auch im Wohnbereich.

Die Hüllflächentemperierung ist ein nachhaltiges Wärmeverteilungsprinzip. Die Trocknung und Trockenhaltung der Wände geschieht rein thermisch, ganz ohne Materialeintrag und komplizierte Trockenlegungsverfahren. Damit gehören Gebäudeverwahrlosung durch kondensatbedingten Schädlingsbefall, feuchtebedingte Gefährung der Gebäudestatik und deren teure Behebung der Vergangenheit an. Weil temperierte Wände trocken bleiben entfallen Ursache und Auswirkung für kondensatbedingten Gifteintrag zur Schädlingsbekämpfung und Gebäudedurchgasung weg.

Die neuen Vorgaben für Klima, Thermostabilität und Kondensatfreiheit der Gebäudehülle und Bioresistenz sind sowohl für die Sanierung wie auch für die Prävention wesentlich, damit in Zukunft Schäden an dem uns anvertrauten Kultur- und Architekturgut vermieden werden können38. Bauphysikalisch richtige, gesundheitsfördernde wie ökologisch nachhaltige Methoden rechnen sich nicht nur im Vergleich zu konventionellen, additiven Methoden, sondern auch im Betrieb und in der künftigen Erhaltung der Bauten, ob es sich nun um ein unter Denkmalschutz stehendes historisches Gebäude oder um ein einfaches Wohnhaus handelt. Bei Alt- und Neubauten aus porösem, mineralischem Material wie Beton, Ziegel, Naturstein und Mörtel, fallen mit dem Einsatz der Temperiermethode alle teuren Horizontalisolierungen weg, alle uneffizienten und kostspieligen Trockenlegungsverfahren und die durch wiederkehrende Salzschäden trotz „sanierender“ Putze regelmäßig anfallenden Putzerneuerungen der Sockelzonen gehören damit der Vergangenheit an! Ein thermisch optimal versorgtes Gebäude bleibt nämlich warm und trocken und selbst die Feuchte von Schnee oder Schlagregen dringt nicht mehr tief in die Fassade ein, sondern trocknet rasch wieder ab.

Die Temperiermethode anzuwenden bedeutet für die Gebäudesanierung, Gebäudeerhaltung und für die Gesundheit der Menschen eine vierfach wirksame synergetische Wirkung:

  • Trockenlegung von durchfeuchtetem Mauerwerk in Erdgeschoß und Keller
  • präventive Gebäudeerhaltung durch Trockenhaltung und Bioresistenz von Mauerwerk und Holzbauteilen
  • Temperierung der Gebäudehülle und behagliche Beheizung der Räume
  • stabiles und homogenes Raumklima mit guter Atemluft.

Durch die neuen Vorgaben wird „Sanierung statt Abriß“ und damit die authentische Erhaltung von Gebäuden auch ökonomisch sinnvoll und über Förderung im Rahmen des Abkommens von Kyoto finanzierbar. Mit dem Forschungsergebnis von PREVENT ist die Temperiermethode in Österreich nun kein Insider-Tip mehr, sondern eine staatlich anerkannte Trockenlegungs- und Heizmethode, die die wirtschaftlichen Chancen der Substanzerhaltung unseres architektonischen Erbes in Städten und in Dörfern dramatisch erhöht39.

Im Idealfall konservatorisch richtiger Museums- oder Baudenkmalsanierung bleiben mit dem Wegfall des Problemkreises falsches Heizen, Kondensation und Staubverteilung noch genügend andere Aufgaben, wie z. B. das verfeinerte Monitoring für Sammlungsgut, bessere Prävention, Lichtschutz, Luftfilterung, Hygiene, optimale Klimakontrolle und vor allem mehr Potential für Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten bestehen. Die frei werdenden Mittel können für anderes verwendet werden, z. B. für Hepa-Filter, für Wartung und die regelmäßige und fachgerechte Reinigung noch erforderlicher Klimaanlagen oder die Mittel werden für das Reinigungsbudget der Häuser verwendet.

Resumee

Ein thermisch optimal sanierter Museumsbau oder ein Architekturobjekt in der
Denkmalpflege, das korrekt temperiert ist wird biogen nicht mehr angegriffen, weil das Mauerwerk einschließlich der Gebäudehülle trocken bleibt (Abb. 25).
Damit ist die in den Vorgaben genannte essentielle Forderung nach Bioresistenz
für Bauwerk und Ausstattung erfüllt. Ein temperiertes Haus bleibt frei von Kondensation
und Schimmel, was vor allem im Wohnbau, ob Alt- oder Neubau, in
Schulen und Krankenhäusern etc. von größtem gesundheitlichen Vorteil ist. Dies
gilt natürlich auch für das Museum und andere Kulturbauten, denn ein optimal
saniertes, staubfreies und gepflegtes Haus ist für sein Publikum und sein Personal
eine Wohltat in Bezug auf Gesundheit und Wohlbefinden.
Für das Architekturerbe unserer unverwechselbaren Städte und Dörfer – ein von
der Politik in Sonntagsreden immer wieder betonter Teil der österreichischen
und europäischen Identität – sind die originale Erhaltung und unverfälschte
Weitergabe an die nächsten Generationen wesentliche Elemente. Durch Temperierung
der Gebäude kann die durch Feuchte und Schadsalze bedingte Desolation
thermisch gestoppt werden und die Baudenkmäler – ohne verfälschende
Materialeinbringungen und ohne sich ständig wiederholende Schäden wie Putzerneuerung,
Injektage und Dränagierungen optimal erhalten werden.

Die Thermische Sanierung durch Temperierung ist für die Gesundheit der
Menschen und für die Erhaltung unseres Architekturerbes von entscheidendem
Vorteil weil sie

  1. die Trockenlegung des Mauerwerks und das Ende der Salzschäden bewirkt
  2. durch Kondensatprävention im Mauerwerk einen dauerhaften Feuchteschutz
    garantiert
  3. die Partikelbelastung der Atemluft gegen Null senkt und damit die Gesundheit
    der Menschen (besonders der Allergiker) fördert
  4. eine ökologisch und bauphysikalisch einwandfreie Heizmethode ist und
  5. ökonomische eine große Energieeinsparung von 29% an Heizung und Haustechnik
    bringt.

Damit sind Sanierungen im Kulturerbe und im Besonderen im Architekturerbe
konservatorisch seriös, ökologisch und ökonomisch einwandfrei druchführbar40.
Damit ist endlich eine vorteilhafte Alternative der Feuchtesanierung und
Prävention gegenüber den unseriösen Brutalsanierungen von historischen
Gebäuden, den dubiosen Methoden der Feuchtebekämpfung und unnötigen
Horizontalisolierungen vorhanden. Die Temperierung als thermische Bausanierung
und als sanfte und gesunde Gebäudeheizung muss nun einer breiten
Öffentlichkeit d.h. möglichst vielen Entscheidungsträgern und möglichst vielen
Bürgerinnen und Bürgern bekannt werden, damit das Kyotoziel verwirklicht
werden kann.

Autorin: 
Maria Ranacher